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Stadtportrait

Wappen der Stadt Overath

Overath ist eine mittlere kreisangehörige Stadt im Rheinisch-Bergischen Kreis im Süden von Nordrhein-Westfalen. Im Jahre 1064 erstmalig erwähnt, leben hier heute über 27.000 Menschen.

Im Rahmen der Kommunalen Neugliederung wurden gemäß
§ 10 Kölngesetz die Ortsteile Untereschbach, Immekeppel und Brombach der Gemeinde Overath angegliedert. Die Stadtwerdung erfolgte am 01.01.1997.

Geographische Lage

Der Hauptort liegt etwa 25 Kilometer östlich von Köln im Aggertal im Bergischen Land. Die weiteren Ortsteile befinden sich im Aggertal (Vilkerath), im angrenzenden Sülztal (Steinenbrück, Untereschbach, Immekeppel und Brombach) und auf den umliegenden Anhöhen (Marialinden und Heiligenhaus).

Höchster Punkt des Stadtgebietes, und auch des gesamten Rheinisch-Bergischen Kreises, ist mit 348 Metern der Kleine Heckberg bei Federath.

Der Bahnhof in Overath liegt 91 m über dem Meeresspiegel (NN).
(Gauß-Krüger-Landeskoordinatensystem: Rechtswert=2590325, Hochwert=5644952)

Partnerstädte

Seit 1973 hat die Stadt Overath zwei Partnerstädte:

Die nordfranzösische Stadt Pérenchies liegt in der Nähe von Lille und hat etwa 7500 Einwohner.

Das nordenglische Colne Valley ist ein Zusammenschluss von fünf Ortschaften, die nordöstlich von Manchester im Tal des Flusses Colne liegen.


Stadtgeschichte

Overath von den Anfängen bis heute - ein Überblick

Die Stadt Overath in ihren heutigen Grenzen ist ein Produkt der Gebietsreform von 1975 und umfasst neben der historisch gewachsenen Bürgermeisterei Overath mit ihren fünf Kirchorten Overath, Marialinden, Heiligenhaus, Vilkerath und Steinenbrück die ehemals zu Bensberg gehörigen Gebiete im Sülztal mit den Ortschaften Immekeppel und Untereschbach sowie das früher zur Gemeinde Hohkeppel zählende Brombach.

Historisch gesehen hat die heutige Stadt Overath zwei "Keimzellen", die mittelalterlichen Lehnsbezirke Achera um den Ort Overath und Sulsen um den Ort Immekeppel. Beide Hofverbände entstanden vermutlich im Verlauf der großen mittelalterlichen Rodeperiode im 10. Jahrhundert und werden in Urkunden erst fassbar, als der Landausbau weitgehend abgeschlossen und die weltliche und kirchliche Organisation erkennbar ist.

Bodenfunde neolithischer Artefakte sowie die Existenz des hallstattzeitlichen Ringwalls auf dem Lüderich vor allem aber die zahlreichen prähistorischen Funde in unmittelbarer Nachbarschaft des Overather Stadtgebietes lassen die Vermutung zu, dass unsere Heimat schon in vorgeschichtlicher Zeit einige Siedlungen aufwies, deren Bewohner sich wahrscheinlich durch Ackerbau (Brandrodung) und Viehhaltung ernährten. Auf diesen Befund deuten auch einige Overather Ortsnamen hin.
Achera/Overath tritt urkundlich erstmals um 1065 in Erscheinung. Damals übertrug Erzbischof Anno II. von Köln den Hofverband Achera - aufgeteilt in Oberacher (achera superior) und Unteracher (achera inferior) - mit allem Zubehör an das von ihm gegründete Kloster Siegburg, wodurch der Abt von Siegburg Grund- und Lehnsherr in Overath wurde. Anno hatte Ober- und Unteracher vom Utrechter Bischof bzw. von einem Grafen Konrad durch Tausch erworben.

Die Zentrale beider Bezirke war seit dieser Zeit der in Overacher gelegene Fronhof (fro =Grundherr) Querrode (=die Rodung in der Aue), wo sich auch die Kirche für den Pfarrsprengel beider Hofverbände befand, ein Vorgängerbau der romanischen Pfarrkirche St. Walburga. Um den Fronhof auf der Kemenat, die Kirche und den später hinzukommenden Rittersitz Steynhuis (=Steinhof) entstand allmählich das Dorf Overath.

Sulsen/Immekeppel wird erstmals im 12. Jahrhundert urkundlich genannt. Bei der Gründung des Prämonstrantenserinnenklosters Meer bei Büderich übertrug die Gräfin Hildegund von Meer-Liedberg u.a. das von ihrem Vater Graf Hermann von Liedberg ererbte Hofgut Sulsen (1309 Immekeppel) dem Kloster als Eigentum. Damit war neben Achera auch Sulsen Bestandteil einer geistlichen Grundherrschaft geworden. Sulsen gehörte ursprünglich zu einem Rodungsgebiet der Herren von Meer, das von Refrath bis zur Sülz reichte. Refrath, später Bensberg, bildete von daher die Mutterpfarre für Immekeppel, das erst später - um 1200 - eine Filialkapelle, die "Immin-Kapelle", erhielt.
Wie der Fronhof in Overath wurde auch derjenige in Immekeppel im Auftrag der geistlichen Grundherren von einem sogenannten Meier bewirtschaftet. Der Meerer Lehnsmann Gevehardus de Acheren - 1176 urkundlich erwähnt - war vermutlich ein solcher Vorsteher des Hofverbandes Immekeppel und hat als der erste namentlich genannte Einwohner unserer Heimatgemeinde zu gelten. Er soll der Overather Familie "vame Steynhuis" entstammen.

Der klösterliche Grundbesitz von Siegburg und Meer in Acheren und Sulsen wurde ursprünglich als jeweils geschlossene Untereinheit der Grundherrschaft unter dem Vorzeichen der Naturalwirtschaft verwaltet und war durch ein grundherrliches Gerichts-, Transport- und Ablieferungswesen gekennzeichnet. Unter der Aufsicht des Meiers bewirtschafteten die Hintersassen die lehnsabhängigen Hufen des Umlandes. Um 1705 hatte die Abtei Siegburg ca. 15 Hufgüter in Oberacher und 30 in Unteracher. Die Zahl der Höfe mehrte sich durch weiteren Landausbau und infolge Realerbteilung.

Im Verlauf des 12. Jahrhunderts ändert sich mit dem Charakter der rechtlichen und dinglichen Bindungen zwischen Grundherr und Lehnsleuten auch die Verwaltungsformen. Neben der Ablösung der Naturalabgaben durch einen Geld- Pachtzins verschob sich das Lehnsverhältnis de facto zugunsten zunehmender, vererbbarer Eigentumsrechte der Bauern an ihren Lehnsgütern. Dadurch begünstigt entwickelt sich eine ausgeprägte Binnengliederung von der Weilergemeinschaft über die Honschaft bis zu einer jeweils den gesamten Lehnsbezirk umfassenden Hof- bzw. Dorfgenossenschaft, die durch den Grundzug der genossenschaftlichen Kopperation und die Tendenz zur begrenzten Selbstverwaltung gekennzeichnet war.

Entscheidend für den Verwaltungsbau des Bergischen Land war seit dem 12. Jahrhundert vor allem der Ausbau der Landesherrschaft durch die Grafen von Berg. Ausgehend von ihrem Allodialbesitz um Altenberg und Bensberg bedeutete für sie der Gewinn der Vogteigewalt über Besitzungen der Kölner Erzbischöfe, der Benediktinerklöster Deutz und Siegburg, aber auch über den bergischen Besitz des Klosters Meer einen bedeutenden Schritt in Richtung auf ein geschlossenes Herrschaftsgebiet. Die Gerichtshoheit in Overath erwarben die Grafen von Berg aber erst 1311 durch Kauf von Heinrich und Agnes von Löwenburg. Erst jetzt war das Kirchspiel Overath ein Bestandteil des bergischen Herrschaftsbereiches. Bis dahin bildeten Achera/Overath und Sulsen/Immekeppel jeweils eine grundherrschaftliche Rechtsgemeinschaft nach Hofrecht mit einem Kleingericht ( Schöffengericht, Bauernbank), die ansonsten der abteilichen Hochgerichtsbarkeit unterstand.

Um 1350 wurde das bergische Herrschaftsgebiet in Amtsbezirke gegliedert, als deren Zentren bedeutende Burgen bzw. feste Häuser dienten. Die gräflichen Hoheitsrechte übte ein aus dem ritterbürtigen Adel ernannter Amtmann bzw. dessen Schultheiß aus, der für die Verwaltung, die Gewährleistung der öffentliche Ordnung und die Rechtsprechung zuständig war. Overath gehörte damals zum Amt Steinbach, benannt nach dem Sitz des Amtmannes, Burg Steinbach bei Lindlar, währen Immekeppel zum Amt Bensberg (später Porz) zählte. Die Grenze zwischen beiden Ämtern bildete die Sülz. Ämter waren in Botenbezirke, Kirchspiele und Honschaften unterteilt, deren Vorsteher, Schatzbote, Orts- Schultheiß und Honne, vor allem die Grundsteuer, den Schatz, umzulegen und zu erheben hatten. Immekeppel unterstand dem Botenamt Herkenrath und gliederte sich in die Honschaften Bensberg, Altenbrück und Kühlheim. Overath bildete ein eigenes Botenamt. Bereits um 1250 sind die Overather Honschaften Heiliger, Burg, Oderscheid, Miebach, Balken und Vilkerath bezeugt.

Overath, dessen weltlicher und kirchlicher Sprengel identisch waren, bildete von Anfang an eine selbständige Pfarrei, während sich die Kapellengemeinde Immekeppel erst 1845 von der Mutterpfarrei Bensberg lösen konnte. Ursprünglich gehörte Overath zur Christianität (Dekanat) Siegburg. Dechant war der Abt von Siegburg. Die kirchliche Oberaufsicht im AUftrag des Kölner Erzbischofs oblag dem Archidiakon, dem Probst von Bonn.

Immekeppel zur Christianität Deutz zählend, unterstand dem Archidiakonat des Propstes von St. Kunibert in Köln. Die Dekanatsgrenzen änderten sich nach der Säkularisierung mehrfach. Heute gehören die Pfarreien der Gemeinde Overath zum gleichnamigen Dekanat, zu dem auch diejenigen der Gemeinde Rösrath zählen. Zur Hebung von Sitte, Zucht und Kirchendisziplin diente in alter Zeit das kirchliche Sendgericht, dessen örtliche Sonderbestimmungen neben anderem Gewohnheitsrecht im Overather Sendweistum von 1632 enthalten sind.
In das 13. Jahrhundert datieren die ersten urkundlichen Nachrichten über die Overather Ritter. Wie die bergische Ritterschaft überhaupt, entstammen auch sie unfreien Ministerialengeschlechtern (ministeriale =Dienstmann) aus dem Gefolge der Grafen von Berg, für die sie vor allem Waffen- und Verwaltungs- dienste leisteten. Für treue Gefolgschaft wurden sie mit freiadeligen Rittersitzen belehnt und mit vielen Vorrechten belohnt. Das Overather Ministerialengeschlecht derer von Bernsau verdeutlicht in besonderer Weise den Aufstieg einer bergischen Ritterfamilie zum bedeutenden Adelsgeschlecht. Im 15. Jahrhundert z.B. begegnet uns der Ritter Wilhelm von Bernsau als Amtmann zu Porz und zu Steinbach sowie als bergischer Rat in hervorragender Stellung am herzoglichen Hof. Die Burg Großbernsau hat als der bedeutendste Adelssitz unserer Gemeinde zu gelten. Dagegen waren die übrigen Overather Rittergeschlechter - benannt nach ihren Stammsitzen Combach, Brambach, Steynhuis, Altbernsau, Aggermühle, Vilkerath, Hellenthal und Haus Thal - von untergeordneter Bedeutung, lediglich die Familien von Wylich (seit dem 16. Jahrhundert auf Großbernsau und Combach ansässig) und später von Nesselrode zu Ehreshoven ragen aus ihnen hervor. Zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten der Ritterschaft führten dazu, dass die Overather Rittergüter nach und nach in bürgerlichen Besitz übergingen.

Im Jahre 1256 gründete Kloster Siegburg als letzte seiner Propsteien die Zelle St. Cyriacus bei Overath. Von den näheren Umständen berichtet uns die erhaltene Gründungsurkunde. Die Propstei war nicht immer mit Mönchen besetzt. Ihre Erträge scheinen für den Lebensunterhalt der adeligen Benediktinerkonventualen nur knapp ausgereicht zu haben. Die Inkorporierung der Overather Pfarrkirche (1352 - 1544) wie auch die Zuwendung der Höfe Balken, zur Brücke, Neuenhaus und einiger auswärtiger Güter konnten die wirtschaftliche Lage der Propstei zeitweilig verbessern. Seit dem 17. Jahrhundert hatte die Zelle jedoch schwer unter Kriegseinwirkungen zu leiden und wurde mehrfach zerstört. Nach ihrer Aufhebung 1803 ging sie in bürgerlichen Besitz über, die Gebäude wurden zweckentfremdet und das Inventar verschleudert. Der Altar, der im 18. Jahrhundert erbauten Kapelle, ursprünglich in der größeren Wallfahrtskirche stehend und inzwischen vortrefflich restauriert, befindet sich heute in der Pfarrkirche zu Marialinden. Die Cyriaxer Kapelle selbst wurde vor über 100 Jahren zum Viehstall degradiert und ist wegen ihres baufälligen Zustandes 1977 abgerissen worden.

Neben dem Bernsauer Hofgericht (umfasste mit dem Untergericht in Obersteeg 1555 ca. 200 Lehnsmänner) und dem Ehreshovener Hofgericht (ca. 14 Lehnsleute) gab es in Overath bis 1636 ein Landgericht mit 3 gemeindlichen Schöffen. Berufungsinstanz war das Hauptgericht in Porz. 1636 wurden die Landgerichte von Overath und Lindlar zum Hohkeppeler Landgericht zusammengefaßt, welches erst 1811 durch Napoleon aufgehoben worden ist. Danach unterstand Overath dem Friedensgericht zu Bensberg (ab 1879 Amtsgericht). In Immekeppel (1555 als Honschaft genannt) hatte das Kloster Meer ein Hofgericht, ansonsten gehörte es zum Dingstuhl (Landgericht) Bensberg.

Die Auswirkungen der Reformation, religiöse Wirren und zunehmende Kriegseinwirkungen (Kölnischer Krieg, Jülich-Klevischer Erbfolgekrieg) machten vor dem Bergischen Land nicht halt. Auch in Overath war der Herzog alsbald die entscheidende Instanz in kirchlichen Fragen, so der Besetzung und Dotierung der Pfarre, der Kirchenbaupflicht und der sittlich-religiösen Zustände. Fest steht, dass Overath von der Reformation nicht berührt worden ist, während in Immekeppel zeitweise lutherische Geistliche tätig waren. Viele umliegenden Gemeinden traten zum neuen Glauben über. Diese unterschiedlichen religiösen Verhältnisse wurden durch den mehrmaligen Konfessionswechsel der Herzöge begünstigt. Nach 1614, als Berg an das katholische Pfalz-Neuburg gefallen war, sind infolge gegenreformatorischer Tätigkeit, vor allem der Jesuiten, viele protestantische bergische Gemeinden wieder katholisch geworden. 1617 wurden die Lutheraner aus Refrath, Bensberg und Immekeppel vertrieben. Während des dreißigjährigen Krieges hat Overath großen Schaden genommen. 1648, bei Kriegsende lagen in der Gemeinde Overath 52 Gutshöfe wüst und öde da. Von den Folgen des Krieges erholte sich die Gemeinde nur langsam, zumal Truppendurchmärsche, Einquartierungen und Kriegskontributionen bis 1815 anhielten.

Bis in die Neuzeit hinein war die Gemeinde Overath wirtschaftlich vornehmlich durch die Landwirtschaft geprägt (90%). Daneben hat der Bergbau im Immekeppeler und Overather Raum zeitweilig eine bedeutende Rolle gespielt. Der Metall-Bergbau auf dem Lüderich, im Mittelalter begonnen, kam während des dreißigjährigen Krieges zum Erliegen. Im 17. und 18. Jahrhundert in verstärktem Maße wieder aufgenommen, entwickelte er sich nach 1830 (Bleierzfunde am Lüderich, 1840 Entwicklung eines Verfahrens zur Gewinnung von Zink aus Blende) zu einem bedeutendem Gewerbezweig. Zahlreiche Gruben entstanden im sog. Deutzer Erzrevier, von denen die Grube Lüderich (zeitweilig über 1000 Bergleute) die bedeutendste war. Ihr verdankt der Ort Steinenbrück seinen Aufschwung. Neben dem Bergbau (1978 eingestellt) entfalteten sich bestimmte Handwerkszweige, so das Schmiedehandwerk, Tuch- und Lederherstellung, Färbereien, Stellmacher, Mühlen- und Schneiderbetriebe. Lange Zeit nahm man irrtümlicherweise an, dass auch in Overath eine Glockengießerwerkstatt bestanden hat, da noch heute einige Dutzend Glocken aus der frühen Neuzeit existieren, die von der hohen Kunstfertigkeit einer Kölner Werkstatt mit dem Herkunftsnamen "van Overraide" zeugen. An sie erinnert die Glocke im Overather Stadtwappen. Da Overath an der Kreuzung einiger alter Durchgangsstraßen verkehrsgünstig gelegen war, entstand ein ansehnliches Fuhrgewerbe in Verbindung mit zahlreichen Gaststätten und Pferdewechselstationen. Von dem ansehnlichen Güter- und Warenverkehr in alter Zeit zeugt auch die bergische Zollstelle in Altenbrück.

Das Ereignis der französischen Revolution 1789 und das französische Ausgreifen über den Rhein ab 1795 bedeutete nicht nur für das Bergische Land den Beginn einer neuen Ära. Der Widerstand der bergischen Bauern unter Ommerborn und Stucker währte nur kurz. Ab 1801 gehörte das Herzogtum Berg zum Rheinbund von Napoleons Gnaden. Im Zuge des Reichsdeputationshaupt- schlusses ging das klösterliche Eigentum in Overath und Immekeppel in staatlichen Besitz über.

1806 schließlich trat der Landesherr, Kurfürst Maximilian Joseph von Bayern gegen die Königswürde Berg an Frankreich ab. Die von Napoleon durchgeführten Reformen (Zivilstände, Kataster, Code civile) sind zu dauernden Einrichtungen geworden. Auch die Verwaltungsreform nach französischem Muster bildete einen Ausgangspunkt für spätere Regelungen, so wurden u.a. aus den Mairen (maire =Bürgermeister) die Sammtgemeinden oder - später - Bürgermeistereien, bestehend aus mehreren Gemeinden (Honschaften). An der Spitze der Sammtgemeinde stand fortan als Verwaltungsbeauftragter der Bürgermeister, ihm zur Seite mehrere Beigeordnete sowie der gewählte Gemeinderat. Der erste Overather Bürgermeister (maire) war der Steinhof-Halfe Anton Steeger.

Erst im Verlauf der Befreiungskriege 1813/14 wurde unsere Heimat von der Franzosenherrschaft befreit. Im November 1813 - nachdem ein planloser Anschlag bergischer Rekruten (Klöppeljongen) fehlgeschlagen war - wurden russische Kosaken in Overath begeistert begrüßt. 1815, auf dem Wiener Kongress, fiel das Rheinland endgültig an Preußen. Die Einführung der preußischen Verwaltung im gleichen Jahr änderte auf kommunaler Ebene verhältnismäßig wenig. Der Bürgermeister blieb Organ staatlicher Bürokratie und wurde höheren Orts ernannt. Die Gemeinderäte wurden berufen; maßgeblich hierfür waren Besitz und Ansehen. Der Rat hatte nur beratende und gutachterliche Funktion.

Die Jahre 1817 - 1821 waren von Missernten und schwerer wirtschaftlicher Not gekennzeichnet. Diese Situation wiederholte sich in den 1840er Jahren. Die ökonomische Lage des Mittelstandes spitzte sich infolge der Vermehrung kleinerer Handwerkerexistenzen und der bäuerlichen Besitzzersplitterung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Overath bedrohlich zu. Hinzu kam die Enttäuschung über die politische Entwicklung. Wirtschaftliche Krise und politische Unzufriedenheit gipfelten im Revolutionsjahr 1848 in Overath wie anderswo in einer Revolte gegen den Bürgermeister als Repräsentant staatlicher Gewalt.

Seit dem Mai 1848 boykottierte der Overather Gemeinderat die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Burrus. Öffentliche Krawalle konnten gerade noch verhindert werden. Im Laufe des Jahres bildete sich in Overath, angeregt von Friedensrichter Fischbach aus Bensberg, unter der Führung der örtlichen Lehrerschaft ein Arbeiterverein. Dieser Verein fand mit seinen Forderungen bei Gewerbetreibenden und breiten Volksschichten sehr viel Anklang. Daneben wurde eine 200 Mann starke Bürgerwehr gebildet. Zwar trat Burrus 1849 von seinem Amt zurück, der Konflikt schwelte aber weiter. Im Zuge der Unterdrückung der 48er Revolution ist der Overather Arbeiterverein 1850 verboten worden. Die Probleme blieben: Das Jahr 1850 brachte erneut eine Missernte und die Armenfürsorge der Gemeinde konnte die notwendige Unterstützung der Bedürftigen oft nicht aufbringen. 1849 wurde den Gemeinderäten untersagt, politische Themen zu verhandeln; das politische Interesse ging in der Folge - begünstigt durch die nationale Einigung von oben - stark zurück zugunsten einer obrigkeitsstaatlichen patriotischen Mentalität.

In den Jahren 1870 - 1914 - der sogenannten guten, alten Zeit - nahm die Gemeinde Overath unter der Verwaltung der Bürgermeister Noever und Simons am allgemeinen Aufschwung des Deutschen Reiches teil. Bei langsam wachsender Bevölkerungszahl (1913: 5.658 Einwohner) und einem Gesamtanstieg an Industrie, Handel und Handwerk sowie verkehr entwickelte sich Overath zu einem wohlgeordneten Gemeinwesen mit landschaftlich reizvollen Ortsbildern. Ein Aufschwung lässt sich auch im gesellschaftspolitischen Bereich erkennen: ein reges kirchliches Leben, ein leistungsstarkes Schulwesen und zahlreiche Vereinsgründungen sprechen eine deutliche Sprache. 1884 kam die Eisenbahn nach Overath, später auch ins Sülztal; ab 1910 wurde die Gemeinde mit Strom versorgt. Trotz eines erkennbaren sozialen Gefälles zwischen einer bürgerlich-bäuerlich geprägten Schicht und den zahlreichen Bergarbeiterfamilien beinhaltete die daraus erwachsene Problematik in der Bürgermeisterei Overath - auch dank der sozialpolitischen Bemühungen der Gemeindeorgane und der Kirchen - nicht jene gesellschaftliche Sprengkraft und politische Brisanz wie anderswo in Deutschland.

Der erste Weltkrieg hat auch in Overath einen hohen Blutzoll gefordert. Weit über tausend Overather standen an den Fronten; über 400 fielen. Das Leben in der Heimat war damals geprägt von Lebensmittelengpässen, Zwangsbewirtschaftung, Durchhalteparolen und einer rührenden Fürsorgetätigkeit für die Frontsoldaten. Es kam zu einzelnen Fällen von Kriegsgewinnlertum und zu bösartigen Angriffen gegen die Gemeindeverwaltung, so dass das politische Klima bei Kriegsende, als die Niederlage offenbar wurde einigermaßen gespannt war. Im Zuge des Novembersturzes 1918 bildete sich ein örtlicher Arbeiter- und Soldatenrat. Nach der politischen Neuordnung unter demokratischem Vorzeichen kamen zumal für die besetzte Rheinprovinz Jahre der Not und der Unruhe. Vor diesem Hintergrund müssen auch die Hungerkrawalle zwischen Großstädtern und Bauern in Overath und Umgebung im Herbst 1923 gesehen werden. Während der Weimarer Jahre haben der Gemeinde Overath mit den Bürgermeistern Brochhaus und Bennauer tüchtige Verwaltungsbeamte vorgestanden, die im Verein mit dem Rat und dem Overather Landtagsabgeordneten Dr. Wester (Zentrum) kommunalpolitisch erfolgreich wirkten, bevor die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise das wirtschaftliche Leben in der Gemeinde fast zum Erliegen brachten.

Die Nationalsozialisten konnten in Overath, einer traditionellen Zentrumshochburg, nur relativ bescheidenen Zulauf verzeichnen. Einige Arbeitsbeschaffungsprogramme sowie die Ankurbelung des Erzbergbaus im Sülztal brachte zwar nach und nach die Vollbeschäftigung, trotzdem blieben die maßgeblichen Overather Nationalsozialisten Außenseiter, die das grundsätzliche Misstrauen der überwiegend katholischen Bevölkerung nie überwinden konnten. 1936 übernahm Hermann Hover als Bürgermeister und Ortsgruppenleiter die gleichgeschaltete Gemeinde. Verfolgungen der katholischen Jugendvereine sowie politisch unbotmäßiger Mitbürger waren bald an der Tagesordnung. Hover und andere haben sich auch schwerer Verbrechen schuldig gemacht. Abgesehen von der hohen Zahl gefallener Overather Soldaten, hat die Gemeinde den schrecklichen Zweiten Weltkrieg vergleichsweise glimpflich überstanden. Bereits während des Krieges musste die Gemeinde zahlreiche Bombengeschädigte und Flüchtlinge aufnehmen. Am 13. April 1945 besetzten die Amerikaner, von Seelscheid kommend, Overath.

Nach den leidvollen Nachkriegsjahren erlebte die Stadt Overath im Rahmen der Geschichte der Bundesrepublik und unter dem Vorzeichen des sogenannten Wirtschaftswunders auf allen Gebieten einen stürmischen Aufschwung. Nach z.T. hektischer Entwicklung stellt sie sich heute als sorgfältig verwaltete, vom Fleiß und Gemeinsinn ihrer Bewohner profitierende Kommune mit hohem Wohn- und Freizeitwert dar. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich ihr ursprünglich ländlicher Charakter verschoben zugunsten eines von längerfristigen Strukturwandlungen geprägten Gemeinwesens am Rande großer Ballungszonen.



Autor: Andreas Heider